Karin Siemann kümmert sich um eine Familie, die aus Bosnien flüchtete

Samtgemeinde Grasleben, den 19. 12. 2014

Quelle Text: Erik Beyen - Helmstedter Nachrichten vom 19.12.2014

 

Wenn Alen (6) Fußball spielt, leuchten seine Augen. Das tun sie nicht immer. Alen stammt aus Bosnien. Er ist ein Flüchtling. Seine Familie hat Schlimmes erlebt. Im September kamen sie nach Deutschland, erst nach Berlin, dann nach Braunschweig. Jetzt lebt Alen mit zwei Geschwistern und seinen Eltern in Grasleben, offiziell nur geduldet und doch voller Hoffnung auf eine Zukunft.

 

Karin Siemann, Mitglied im Gemeinderat Grasleben, will ihnen dabei helfen. Sie engagiert sich ehrenamtlich für die Familie Sarajlic. Ohne sie stünden die Flüchtlinge aus Bosnien alleine da. Die Gemeinden, betont Siemann, müssten rechtlich nur für die Unterbringung der Flüchtlinge sorgen.

 

Wir treffen Alen und seine Familie gemeinsam mit Karin Siemann in ihrer Wohnung. Eine bescheidene Bleibe mit dem Nötigsten an Mobiliar. Ein Fernseher ist Luxus. Den haben sie geschenkt bekommen. Niemand spricht Deutsch.

 

Darum ist Drago Sablic mit dabei, ein guter Freund Siemanns, der schon viele Jahre in Deutschland lebt. Er übersetzt, was Nedin Sarajlic (35) erzählt. Erschütternd, denn der Krieg im ehemaligen Jugoslawien hinterlässt bis heute seine Spuren. Mit neun Jahren hat Nedin seinen Vater begraben müssen. Er selber war verwundet, die Verletzung entzündete sich und hätte ihn beinahe ein Bein gekostet. Nedin bringt sich und seine Familie durch. Er muss es tun, denn nach dem Tod seines Vaters wurde er das Familienoberhaupt - mit neun Jahren.

 

Das alles ist einige Jahre her. Doch an Frieden und Sicherheit nach dem Krieg war nicht zu denken. "Der Krieg", sagt er, "findet immer noch statt, in den Köpfen der Menschen." Bosnien, ergänzt Karin Siemann, sei noch kein sicheres Land. "Es wird von Menschen regiert, die sich selber bereichern wollen."

 

Trotzdem gründete Nedin Sarajlic eine Familie, und sie kamen über die Runden, irgendwie. Monatelang zahlte ihm sein Arbeitgeber keinen Lohn. Nedin Sarajlic war LKW-Fahrer. Dann kam im Mai dieses Jahres die Flut. "Sie hat alles zerstört", erzählt er. Hilfe vom Staat? Fehlanzeige. "Die Bevölkerung ist denen, die sich bereichern, vollkommen egal. Die Menschen werden wie Dreck behandelt", empört sich Karin Siemann. Nur mit dem, was sie bei sich hatte, verließ die Familie schließlich ihre Heimat.

 

Wie im Fluge vergeht eine Stunde. Alen muss zum Fußball. Karin Siemann bringt ihn hin, Nedin begleitet seinen Sohn. Über den Sport findet Alen Kontakt, er löst sich, lächelt. Ob er glücklich ist, wollen wir von seinem Vater wissen: "Seitdem ich in Deutschland bin, ja", antwortet der.

 

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