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Die Zeit der Wahlgeschenke - Kommt der Kindergartenplatz ohne Elternbeitrag?

Samtgemeinde Grasleben, den 14. 02. 2017

5 Fragen an den Präsidenten des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Marco Trips

 

Frage 1: Die Parteien haben den Wahlkampf eröffnet und das erste Geschenk für die Familien soll - nach der Wahl - der komplett beitragsfreie Kindergartenplatz sein. Eigentlich können sich alle freuen: die Familien, die Geld sparen und die Kommunen die sich nicht mit den Eltern über die Kindergartenbeiträge streiten müssen. Was sagt der Städte- und Gemeindebund dazu?

 

Trips: Auf den ersten Blick sieht alles wunderbar aus. Aber wir haben Zweifel, dass die Parteien letztendlich eine dauerhafte auskömmliche Finanzierung der dann fehlenden Elternbeiträge aus dem Landeshaushalt sicherstellen können. Wir befürchten, dass die Städte und Gemeinden die Beitragsfreiheit mitbezahlen, obwohl allein die Landespolitik hier Wahlgeschenke verspricht. Zudem muss man den Nutzen in Frage stellen: Bedürftige Sorgeberechtigte werden bereits heute beitragsfrei gestellt und es gibt durchaus Eltern, die diese Beiträge zahlen könnten. Die Gewinner werden letztendlich also eher die Gutverdiener sein. Mit dem für eine solche Gebührenbefreiung notwendigen Geld könnte aus unserer Sicht besser eine Qualitätssteigerung erreicht werden, zum Beispiel die flächendeckende Einführung einer dritten Kraft. Dies würde den Erzieherinnen und den Kindern und letztlich auch den Eltern mehr helfen, als 140 € monatlich mehr in den Geldbörsen von Gutverdienern.

 

Frage 2: Was kostet ein Kindergartenplatz?

 

Trips: Die Kosten sind sehr unterschiedlich, je nach Lage, Ausstattung und Kostenstruktur können die echten Kosten bis zu 1000 Euro monatlich betragen. Davon trägt die öffentliche Hand derzeit mehr als 2/3 der Kosten, nur ein kleiner Rest wird über Elternbeiträge finanziert.

 

Frage 3: Werden nicht auch mehr Kinder in die Kindergärten geschickt wenn es nichts kostet?

 

Trips: Natürlich! Ein kostenfreies Angebot wird immer stärker angenommen. Aktuell haben wir eine Versorgungsquote im Bereich der Kindergärten von 93,2 %. Bei einer steigenden Nachfrage werden zusätzliche Plätze und damit zusätzliche Investitionen notwendig. Auch dies muss die Landespolitik in ihre Rechnung mit aufnehmen und selber finanzieren.

 

Frage 4: Wie müsste die Umsetzung der Beitragsfreiheit erfolgen?

 

Trips: Wenn der Elternanteil entfällt, brauchen die Städte und Gemeinden eine dauerhafte Erstattung der wegfallenden Einnahmen. Diese muss auch wirklich ausreichend hoch sein, um die erwünschte Qualität zu bieten. Zudem muss die Kostenerstattung des Landes laufend an die Inflation angepasst werden. Auch die Frage der Finanzierung der zusätzlichen Investitionen, die durch eine erhöhte Nachfrage durch die Beitragsfreiheit zu erwarten sind, muss gewährleistet werden. Ob die ins Auge gefassten Beträge von 300 Mio. EURO je Jahr tatsächlich auskömmlich sind, glaube ich noch nicht.

 

Frage 5: Wie schnell kann die Beitragsfreiheit umgesetzt werden?

 

Trips: Die Beitragsfreiheit ist ja nur eine Frage der Umschichtung von Geldern. Daran hängt aber in Teilen auch eine Kapazitätsfrage, und das geht nicht von heute auf morgen. Es werden mehr Plätze in den Kindergärten geschaffen werden müssen. Es müssen Räume gebaut und Personal eingestellt werden. Erzieherinnen sind derzeit schwer zu bekommen.

 

Text: NSGB